faun und flor im psychozoikum

Copyright Alexander Egger


GALERIE 9A BERN, 21.4.—6.5.17

Vernissage

Freitag, 21. April 2017

 

Finissage:

Samstag, 6. Mai 2017

 

Stauffacherstrasse 9a, Bern
www.9a-stauffacherplatz.ch

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PRESSE

reformiert. Nr. 4 / April 2017

 

SCHRÄGE MONSTER IM KLEINEN KUNSTHAUS

 

Eine Kaktusblüte wird zum Monster, ein Avocadokern entpuppt sich als Schädelfund und lässt an eine archäologische Ausgra bung denken. Der Berner Fotograf Alexander Egger stellt in der «galerie 9a am stauffacherplatz» im Breitenrainquartier in Bern seine aktuellen Fotoarbeiten aus.

Die einzelnen Motive verwandeln sich ohne digitale Tricks, nur dank des anderen Blicks in etwas Neues. «Faun und Flor im Psychozoikum» nennt er die Schau.

«Psychozoikum» wird das Erdzeitalter genannt, in dem der Einfluss des Menschen auf den Planeten signifikant zugenommen hat – erste Atombombentests, Treibhausgase, Nachweis von Beton, Plastik und andern Partikeln in den Sedimenten. Ein Einfluss mit bleibenden Auswirkungen.

journal-b.ch/blog

 

BERN IST ÜBERALL

Beat Sterchi

 

Bekanntlich liegt der Teufel im Detail. Deshalb müsste Jean Ziegler in dem Tagi-Gespräch mit Res Strehle genauer werden, wenn er behauptet, positive soziale Impulse würden heute nur aus Süd-Amerika kommen. Für Normalsterbliche ist das in Anbetracht der dort vorherrschenden Zustände irgendwie nicht nachvollziehbar. Aber sonst ist der junge Mann von 80 Jahren in dem über Ostern erschienenen Interview schwindelerregend präsent und in seiner Direktheit schlicht bewundernswert!

Unbestritten ist dagegen, dass Kalifornien jener Teil der Welt ist, der uns absolut gnadenlos mit Impulsen bombardiert. Von dort soll, gemäss einer anderen Zeitung, demnächst auch ein elektrischer Lastwagen von Tesla auf uns zurollen, was unter Umständen ein Geschenk an die Menschheit werden könnte.

Warum allerdings ausgerechnet in Berkeley, wie die gleiche Zeitung meldet, kalifornische Wissenschaftler meinen herausfinden zu müssen, warum sich unsere Schuhbändel immer wieder lösen, ist eine andere Frage. Man kann das mit den Details nämlich auch übertreiben. Ich würde einfach auf den Rat meiner Mutter an uns Kinder zurückgreifen: Besser binden!

Ich schreibe dies übrigens in einem Hotel in Banja Luka in Bosnien und fühle mich deshalb berechtigt, zu behaupten, dass man auch auf Reisen eigentlich ins Detail geht. Zusammen mit meinem Freund und Kollegen Guy Krneta bin ich unterwegs in den Kosovo, wo wir für ein schweizerisch-kosovarisches Literaturprojekt ein bisschen vorsondieren wollen. Unter anderem haben wir gestern in Details mitbekommen, was man im sonstigen Europa ziemlich verlernt hat: Wie man im Auto über eine wirklich kontrollierte Grenzen kommt! Uniformierte Gestalten hinter kleinen Luken in eigenartigen, vermutlich schusssicheren Zöllnerhäuschen. Besonders in Regen und Schnee alles ein bisschen kompliziert, alles ein bisschen bedrohlich, eigentlich grotesk und kafkaesk. Und die DDR lässt grüssen.

Sogar diesen grünen Zettel mussten wir im Handschuhfach suchen. Dass es den überhaupt noch gibt, hatte ich schon fast vergessen.

Und was hat Alexander Egger damit zu tun?

Auch dieser versierte Berner Fotokünstler geht gerne ins Detail und produziert mit seinen neusten Bildern eine Schärfung des Hinschauens, die auch Blicke in neue, sogar sehr schöne Welten ermöglicht. Einzelne Motive verwandeln sich dabei sogar in etwas grundlegend Neues. Plötzlich wächst aus einer Erdnussschale ein kleiner Palmenwald wie hier im Bild.

To behold the world in a grain of salt! Um es mit William Blake zu sagen. Auch in einem Salzkorn ist die Welt zu sehen. Mehr davon gibt es vom 21. April bis zum 6. Mai in der galerie 9a am stauffacherplatz.

 

20.04.2017

ensuite August 2017 

 

WAS GESCHIEHT, WENN
Peter J. Betts

 

 

Was geschieht, wenn man hinschaut? In einem winzigen Häuschen mit der Hausnummer 9a an der Stauffacherstrasse in Bern habe ich beim Besuch einer Fotoausstellung dort ziemlich Unerwartetes erlebt. In den frühen 1960er-Jahren wohnte ich  zwar während meiner Studentenzeit kaum zweihundert Schritte davon entfernt an der Wiesenstrasse – keine Ahnung, wie oft ich , ohne es bewusst wahrzunehmen, vorbei gegangen bin... Zu Hause schaute ich nach dem Ausstellungsbesuch im Computer nach: 1911 war das Häuschen erbaut worden, es diente später u. a. als Blumenkiosk, als Schuhmacherei, Lagerraum und während vieler Jahre als Brockenstübchen. Am 2. Januar 2009 zündeten offenbar betrunkene Jugendliche das Häuschen an; die schnell reagierende Feuerwehr konnte die Grundstrukturen retten – und das Nummernschild „9a“. Es wurde wieder aufgebaut, und hätte ich nicht auch das noch aus dem Internet herausgeholt, wäre ich, der Einladung des Fotografen Alexander Egger folgend, „meiner Meinung nach“ vor einem uralten Schuhmacherhäuschen gestanden (Alexander hatte ja gesagt, er stelle im Schuhmachehäuschen aus). Ich hatte keine Ahnung, dass jetzt ein Verein von Kulturschaffenden den Betrieb des kleinen Kunsthauses ermöglicht. Was geschieht, wenn man hinschaut? Was geschähe, wenn man, wann immer möglich, denkend hinschaute, ohne stattdessen beispielsweise eine dümmliche Pose einzunehmen? Glücklicherweise habe ich nicht noch versucht, den Anschein zu erwecken, als sogenannter Kenner, das Häuschen mit einer Pseudovermutung seiner Entstehungsgeschichte zu versehen. Alexander Egger stellt seine Ausstellung unter das Motto „Faun und Flor im Psychozoikum“. Eben höre ich ihm zu, wie er erklärt, ihm gefalle die erdgeschichtliche Bezeichnung „Psychozoikum“. Alexander ist studierter Geologe, er kann ernsthaft-glaubwürdig (auch als professioneller Fotograf) über die absurdesten Sachverhalte als unantastbare Realität berichten – darauf wartend, ob man hereinfällt oder den Scherz, die Pointe bemerkt; er will einen eigentlich nicht durch den Kakao ziehen, sondern wohl eher das Vertrauen zur Einsicht wecken, dass Unwissen letztlich eine Quelle zum Erkennen sein kann: ein wesentliches Motiv, bei allem, was er tut. Wird beispielsweise der Begriff „Tertiär“ (als Vorstufe zum „Quartär“) noch gebraucht, oder wurde er zwar aus der offiziellen Lehre der Erdgeschichte gestrichen, wird aber als Wort noch toleriert? Spielt dieser Sachverhalt  überhaupt eine Rolle? Wenn Alexander das Wort „Psychozoikum“ erklärt, ist das mehrschichtig: Joseph le Conte, ein amerikanischer Geologe, hat gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts jene Zeit der Erd-Neugeschichte so bezeichnet, und zwar als jene Phase in der Entwicklung der Erde, in der durch das Erscheinen des Menschen dieser als dominanter Agent des Wandels tiefgreifend und – veredelnd auf Fauna und Flora nachhaltig einzuwirken begann. Die Entwicklung des Lebens auf Erden durch den Menschen geadelt? Denke ich an Alexander, kommt mir das Wort „Faun“ in den Sinn... „Faun und Flor“ als Motto dieser  Ausstellung kleiner, durchaus ohne Substanzverlust vergrösserbarer Bilder. Dem Fotografen geht es nicht um das ästhetisch befriedigende Ablichten von Pflanzlichem oder Tierischem. Meines Erachtens geht es bei Alexanders Bildaussagen darum, in sich selber und bei den Betrachtenden die Lust zum Hinschauen zu entdecken, sich dabei bewusst werdend, dass dieser Prozess, einmal etwas eingeübt, andauert: Wenn man gut sechzig Jahre lang ein Häuschen und seine absolute Einzigartigkeit trotz bester Voraussetzungen immer und immer wieder übersieht, verhindert das nicht, dass, „wenn einisch ds Zwänzgi abeg’heit isch“, dieses Häuschen  zu einem kostbaren Schatz des Gedächtnisses wird. Als Fotograf hat Alexander Egger natürlich ein taugliches Hilfsmittel: ein Objektiv, mit dem er die für jede Einsicht geeignetste Schärfentiefe einstellen  kann. Aber er lotet den fast unbegrenzten Spielraum der möglichst grössten Blende so aus, dass beispielsweise im Blickfeld des Bildes nur eine Distanz von zwei bis drei Millimetern „scharf“ ist. Kreatives Spielen als Weg zur Erkenntnis von Ergebnissen, die zu weiteren Einsichten führen. Beispielsweise wartet er auf einem Hügel oberhalb des Murtensees auf das geeignete Licht für einen Fotoauftrag. Der Vollmond geht auf. Der Fotograf vertreibt sich die Zeit. Er guckt durch die weitest geöffnete Blende den Vollmond an. Unglaubliche Figuren erscheinen vor dem Vollmond. Ausserirdische? Er drückt auf den Auslöser. Auf dem entstandenen Bild entsteigen dem Vollmond Ungeheuer: sehr kleine Teile verdorrter Blätter, die im Objektiv erschienen waren. Der Rest geschieht im Kopf.  Oder diese eigenartig geformte Schwarz-weiss-Vertikale: denken Sie an eine menschliche Vulva, bis Ihnen der Fotograf erklärt, es sei die Aufnahme der hinteren Kanten eines zusammengeklappten Schmetterlingsflügels? Es sind meist keine Makroaufnahmen, auch wenn sie so wirken können! Es sind Zufälle, die zu bleibenden Erkenntnissen führen, wenn man beginnt, ehrlich hinzuschauen – ohne vorgefasste „Gewissheiten“. beispielsweise Fruchtfliegen in Einerkolonne auf dem Glasrand – Sie werden lange schauen, bis Sie für sich die Szene entschlüsseln, aber noch Tage danach wird das Bild in Ihrem Kopf etwas mit Ihnen anstellen. Oder die klebengebliebene Fliege im gelben Geleetropfen. Keine Aufnahme eines Einschlusses in Bernstein, lediglich – süsses Sterben: in Schönheit festgehalten. Vielleich haben Alexander Eggers Experimente mit der Lochkamera ihn auch für diese Ausstellung inspiriert. Ich denke an eines seiner grossformatigen Bilder: an den Berghang, den Himmel – alles etwas unscharf wegen des grossen Belichtungslochs (Lakonisch wendet Alexander Egger hier ein: „Zum Krokodil – die Camera Obscura hat ein extrem kleines Belichtungsloch, etwa so gross wie der Einstich einer ‚Gufe’ “ ... Was man (dennoch? deshalb?) auch bei genauem Hinschauen nicht ganz versteht (neben der wirklichen Ursache der Unschärfe des Bildes), sind die Umrisse des riesigen Krokodils auf diesem Berghang. Alexander wird beiläufig erwähnen, die drei hellen Flecken seien eigentlich drei Häuser. In Ihrem Kopf können sie sich zum Bild eines Krokodils wandeln – Projektionen Ihrer Phantasie. Zwar ist dem aber so: Eine grosse Blende verhindert Schärfentiefe. Eine Frage der Kultur: Was geschieht, wenn man hinschaut? Gelegentlich gewinnt man Einsichten, wird die Phantasie angeregt: Danke, Xändu!

 

 Schlossmatte, 15. Mai 2017

Berner Kulturagenda BKA

 

 

SCHIMMELAUGE

Er entdeckt mit seinem fotografischen Blick Schädel, Augen, Schnäbel und Tänzer, wo andere nur schimmeligen Kompost oder Furchen in Nahaufnahme sehen. Der Berner Fotograf Alexander Egger stellt in der Galerie 9a «Faun und Flor im Psychozoikum» aus – es ist eine Hommage an das gut Getarnte und den Entdeckerblick.

27.4.2017


MUSÉE JURASSIEN DES ARTS MOUTIER, 10.12.17—28.1.18

Vernissage

Samedi, 9.12.2017

 

Finissage:

Dimanche, 28.1.208

 

Musée Jurassien des Arts, Moutier
www.9a-stauffacherplatz.ch